Krankheiten beim Collie / Genetische Varianzen
Der Collie ist an sich eine gesunde Rasse. Der Lassie-Boom der 60iger Jahre brachte verstärkt Fälle von Epilepsie hervor, diese sind aber dank genauer Betrachtung der Zuchtbücher deutlichst zurück gegangen. HD wird streng überwacht, Augenanomalien wird strikt nachgegangen. Bauchspeicheldrüsenprobleme kommen vor, sind statistisch jedoch nicht signifikant. Von Allergien war der Collie bisher weitgehend verschont, in letzter Zeit ist aber eine Steigerung - wie bei vielen Säugetierarten unserer (industriell betonten) Umgebung zu beobachten.
Die medizinischen Baustellen unserer Zeit werden hauptsächlich weniger durch das tatsächliche Erscheinungs- /Krankheitsbild der Hunde an sich, sondern durch die Vielfalt und Möglichkeiten der Genomanalyse bestimmt.
Universitätslabore halten Patente für den MDR-1-Test, Labore im (kostengünstiger arbeitenden) Ausland haben sich ganz der Aufarbeitung der aus ganz Deutschland eingehenden Proben mit immer neuen zu untersuchenden Genorten verschrieben . Das Internet avanciert diesbezüglich wie für mittlerweile fast alle Gebiete unseres Alltages zur Informationsplattform Nummer eins - und eben wie auf den anderen Gebieten unseres täglichen Lebens werden die Informationen nicht immer (aber auch) getreu den wissenschaftlichen Gütekriterien weiter gegeben oder interpretiert. Die, die am lautesten Schreien, werden erhört.
Es entsteht dadurch die an sich abstruse Situation, dass ein Hund, .....
...........der sein ganzes Leben den Tierarzt nur bei den Impfterminen gesehen hat,
..........der agil, sportlich und intelligent mit seinen Menschen deren Alltag bestreitet,
..........der vielleicht Fahrrad- oder Reitbegleiter ist,
...........vielleicht sogar die eine oder ander Ausstellung gewinnt und auch sonst
...........vollkommen an Größe, Gewicht und Wesen dem Standard entspricht,
............und so schon 12 oder mehr Jahre lebt,
plötzlich den Stempel "minderwertig" aufgedrückt bekommt, weil Teile seines Genoms - extra gewonnen und an industriell betriebene Labore im Ausland verschickt von Leuten, denen andererseits nicht einmal ein industriell gefertigtes Hundefutter in`s Haus kommen würde - nicht dem pathologischen Idealbild entsprechen. Nicht nur das Genom ist minderwertig, sondern auch der Hund selbst oder seine Hundefamilie und Abstammung, so wird es postuliert. Und natürlich stammt er von einem unverantwortlichen Züchter.
Es ist unbestritten, dass Gentests aufschlussreiche Helfer in der Rassezucht sind. So weiß man dank der Tests mittlerweile, dass die gefürchtete HD nicht nur durch ein Gen bestimmt ist, sie ist nach bisherigen Erkenntnissen wohl ein sog. Schwellenmerkmal.
Ein Schwellenmerkmal ist ein Merkmal, das nur auftritt, wenn eine bestimmte Anzahl Gene zusammen kommen. Angenommen, HD wird in ihren verschiedenen Stärken von 10 Genen bestimmt, um eine beliebige Zahl zu nennen.
Dann wären folgende Möglichkeiten denkbar:
keine HD = 0 - 2 Defektgene
leichte HD = 3 - 5 Defektgene
mittlere HD = 6- 8 Defektgene
schwere HD = 9 - 10 Defektgene
So kann es passieren, dass zwei Hunde mit jeweils 2 Defektgenen selbst gesund sind, aber dass vereinzelte Nachkommen vier Defektgene haben, also leichte HD, weil der Schwellenwert überschritten ist. Aufgrund des Befalls bei den Nachkommen ist es nun aber möglich, Aussagen über die genetische Ausstattung der Eltern und Geschwister der erkrankten Hunde zu treffen und diese Erkenntnisse in die Planung weiterer Verpaarungen einfließen zu lassen.
An diesem Beispiel zeigt sich das Sinnvolle der genetischen Untersuchungen, diese jedoch unglaubliche Stigmatisierung, die ein - nur nach Interpretation - falsches genetisches Ergebnis heutzutage nach sich zieht, ist wirklich mit Sorge zu betrachten.
Immer mehr kommt man als Züchter in die Situation, dass man für seine Hündin den eigentlich idealen Partner gefunden hat... mit passender Farbe, vorbildlichen Wesen, ansprechendem Äußeren in der passenden Zuchtrichtung, Gesundheitswerten, die den Nachkommen ein langes gesundes Hundeleben in ihrer gewählten Familie prognostizieren. Dieser Hund kann aber eigentlich nicht gewählt werden, weil sein Genom in einem Wert, meist MDR-1, nicht dem Idealtyp entspricht.
Oder man scheut keine Kosten (im Ausland ist es z.B. nicht unüblich, als Gebühr für den Deckrüden über 200.- pro geborenen Welpen zu verlangen + das Decken an sich) und Mühen und sucht sich den idealen Partner im Ausland, auch um neue Linien im Interesse der Rasse einzuführen, stellt aber fest, dass genetische Werte, die vor allem hier in Deutschland als unabdingbar gelten, dort gar nicht untersucht werden.
Es ist beispielsweise möglich, dass der Schwerpunkt der Zucht in dem betreffenden Lande nicht darauf basiert, dem Hund jedes Medikament, was der pharmazeutische Markt her gibt verareichen zu können, sondern beispielsweise auf dem Erhalt eines einwandfreien Wesens oder gesunder Knochen, so dass ein genetischer Kennwert, der hier hochgehalten wird, im Ausland gar keine Bedeutung hat.
In beiden Fälle hat man einen im Sinne des Welpenkäufers (siehe oben) eigentlich idealen Partner gefunden - nimmt aber von ihm vielleicht Abstand, weil sein genetischer Wert extrem stigmatisiert wird.
Weiter gedacht fragt man sich auch, wann der erste Test für das Genom des Welpenkäufers, zum Beispiel auf Herzerkrankungen (wenig Spaziergänge), Nachtblindheit (Hund nur in den Garten), adipöse Tendenzen (wenig Spaziergänge, genetisches Alter (Gefahr des baldigen Todes), Suchtendenzen (Gefahr des baldigen Todes/Verarmung), kurz alles, auf alles, was nicht dem Idealbild des Hundehalters entspricht, gefordert wird?
Brave new world - wir sind schon mittendrin. Wir zumindest in diesem kennel stehen dieser Entwicklung sehr kritisch gegenüber, siehe auch unsere Ausführungen zur Wurfplanung des A-Wurfes, was uns natürlich nicht von der Pflicht der Informationsbeschaffung und der (hoffentlich neutralbetonten) Aufklärungspflicht der Welpenkäufer entbindet.
In diesem Sinne ist die folgende Auflistung der am häufigsten untersuchten rassetypischen Erkrankungen betont wertfrei gehalten:
Hüftgelenksdysplasie
Eine Fehlstellung des Hüftgelenkes. Da Knochen und Gelenkpfanne nicht richtig passen, kommt es zu falscher Abnutzung und dadurch zu extrem schmerzhaften Entzündungen, die den Hund oft nicht mehr aufstehen lassen. Behandlungen sind Einsetzen von Goldimplantaten, Durchtrennen von schmerzleitenden Nerven, künstliche Hüftgelenke. Die Kontrolle der Hüfte ist ein Teil des Zuchtzulassungsverfahrens. Hunde mit mittlerer und schwerer HD werden im Rahmen des Zuchtprogrammes des VDHs zur Bekämpfung der HD seit Generationen von der Zucht ausgeschlosse, d.h. sie bekommen die Zuchtzulassung nicht.
HD A = HD frei, kein Hinweis auf Hüftgelenksdysplasie
HD B = HD-frei, jedoch sind Schenkelkopf oder Pfannendach leicht ungleichmäßig und der Norberg-Winkel beträgt 105° (oder mehr), oder Norberg-Winkel kleiner als 105° aber gleichförmiger Schenkelkopf und Pfannendach.
HD C = HD leicht, darf nur HD A verpaart werden
HD D = HD mittel
HD E = HD schwer
HD D und E sind von der Zucht ausgeschlossen
HD-Werte in Prozent der Schweregrade C/D/E
Finnland 2005
Deutscher Schäferhund | 45,2 | Tibetdogge | 50,0 |
Langhaarcollie | 26,1 | Bull Mastiff | 91,5 |
Boxer | 44,2 | Bernhardiner | 78,1 |
Tervueren | 13,3 | Hovawart | 17,3 |
Malinois | 6,5 | Berner Sennenhund | 56,1 |
(aus „Koiramme", 5/2006, der Zeitschrift des Finnischen Kennel Clubs)
siehe auch Flückinger, M., Universität Zürich, 2002, Hüftgelenkdysplasie (HD) beim Hund
CEA - collie eye anomalie
CEA ist eine unvollständige Entwicklung des Augenhintergrundes, die schon am 28. Tag der Trächtigkeit vorhanden ist. In letzter Zeit hat man aufgrund genetischer Studien entdeckt, dass nicht der Schweregrad der CEA vererbt wird, sondern nur die Veranlagung. Egal, von welchem Grad der Hund betroffen ist, er kann alle Ausprägungen vererben.
Um die 6. Woche herum geht der Züchter mit allen Welpen zu einem speziellen Augenarzt für Hunde. Im Rahmen des Zuchtprogrammes des VDHs zur Bekämpfung der CEA ist diese Untersuchung Pflicht, wenn bei einem Elternteil CEA festgestellt worden ist. Sind beide Eltern (bis jetzt noch nur aufgrund der Untersuchung, nicht eines Gentestes) frei, ist diese Untersuchung freiwilllig.
go-normals
Ist ein Welpe von CEA betroffen, die CEA aber extrem leicht ausgeprägt, ist sie nur um diesen Zeitraum herum zu erkennen, spätestens nach der 8. Woche ist sie nicht mehr zu identifizieren. Diese Hunde, deren CEA-Befund so einzustufen ist, nennt man "go-normals", d.h. als Baby sind sie pathologisch auffällig, als Erwachsene nicht mehr.
Eine CEA, die als Welpe gefunden wurde und auch als Erwachsener noch diagnostizierbar ist, unterliegt folgender Klassifizierung
1. Grad: unregelmäßiger Blutgefäßverlauf in der Retina (Tortuosity)
2. Grad: Pigmentverlust (chorio- retinale Dysplasie, sog. CRD)
3. Grad: eine Auswölbung des blinden Flecks (Staphylom, Ektasie, Kolobome)
4. Grad: teilweise oder vollständige Netzhautablösung
5. Grad: Blutungen im Augeninneren
Für den Hund bedeutet dies:
go normals und 1. + 2. Grad:
Das Tier hat nie Probleme.
3. Grad:
Das Tier hat wenn überhaupt eine geringe Sehschwäche
4. Grad:
Das Tier hat an den abgelösten Stellen einen sogenannten blinden Fleck, das heißt, daß das Sehfeld eingeschränkt ist
5. Grad:
Hier ist das Tier auf dem befallenen Auge blind.
Auch hier kommt ein Gentests verstärkt zum Einsatz, der auch Tiere, die phänotypisch frei oder als go normal erscheinen, als Träger oder gar als Bettroffene identifiziert. Unterschiedliche Länder haben unterschiedliche Vorgaben, wie Züchter mit der CEA umgehen sollen.
Die Klassifizierung ist meist wie folgt, wobei sie noch nicht standardisiert ist:
Genotyp CEA n/n, frei : Dieser Hund trägt die Mutation nicht und kann sie nicht an seine Nachkommen weitergeben.
Genotyp n/CEA(manchmal m), carrier : Dieser Hund trägt eine Kopie des
mutierten Gens. Er hat ein extrem geringes Risiko an CEA zu erkranken, kann die Mutation aber mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % an seine Nachkommen weitergeben.
wird ein solcher Hund mit ebenfalls einem carrier verpaart, also n/m x n/m,
ergeben sich für die Nachkommen folgende Wahrscheinlichkeiten:
n/m (50%), m/m (25 %), m/m (25%)
Genotyp CEA(m)/CEA(m), affected : Dieser Hund trägt zwei Kopien desmutierten Gens und hat ein extrem hohes Risiko an CEA zu erkranken. Er wird die Mutation zu 100 % an seine Nachkommen weitergeben.
MDR-1
Offizielles Informationsblatt des Clubs für Britische Hütehunde e.V.
Vor vielen Jahren hat man beobachtet, dass Collies nach Verabreichung eines gängigen Entwurmungsmittel für Großtiere Vergiftungserscheinungen haben bzw. sogar daran sterben können. Allerdings reagierten nicht alle Collies so und unter den Tierärzten wurde es ein ungeschriebenes Gesetz, Collies, weißen Schäferhunden, diversen Windhundarten (Whippet, Barsoi), McNabs, Shelties, Wäller, Australian und English Shepard, Bobtails und seit neuesten aufgrund Verdachtsmomenten auch Kelpis und Belgischen Schäferhunden bestimmte Medikamentengruppen nicht zu geben, sondern Alternativen zu verabreichen. Das gleiche gilt auch für die Mischlinge dieser Rassen. Dieses Mittel, Ivermectin, wurde aus diesem Grunde nicht zur Entwurmung für Hunde zugelassen.
Seit einigen Jahren weiß man nun, dass sich die betroffenen Tiere durch eine Anomalie/Genvarianz der Blut-Hirn-Schranke auszeichnen, die bestimmte Substanzen ungefiltert durchläßt, wodurch es zu Vergiftungen und zum Tode führen kann.
Das Gen, welches für den Zustand des betroffenen Tieres zuständig ist, nennt man MDR-1, den Test MDR-1 Test.
Ein einzelner Hund kann einen der folgenden drei Zustände aufweisen:
Genotyp MDR-1 Status -/-, d.h. der Hund ist von dieser Anomalie/Genvarianz selbst betroffen und kann diese auch weiter geben.
Genotyp MDR-1 Status -/+, d.h. der Hund selbst ist nicht betroffen, kann es aber vererben.
Genotyp MDR-1 Status +/+, d.h. der Hund selbst ist nicht betroffen, kann es nicht vererben.
Zählt ein Hund zu einer der ersten beiden Kategorien, kann er ebenso entwurmt, entzeckt , operiert, narkotisiert und geimpft werden wie ein beliebiger Vertreter einer anderen Rasse oder eben ein +/+ - Hund.
Bestimmte Medikamente sind jedoch tabu, siehe die
Das Vererbungsschema
MDR-Genotyp der Hündin |
---|
MDR-Genotyp des Rüden | MDR1(+/+) | MDR1(+/-) | MDR1(-/-) |
---|
MDR1(+/+) | 100 % MDR1(+/+) | 50 % MDR1(+/+) 50 % MDR1(+/-) | 100 % MDR1(+/-) |
MDR1(+/-) | 50 % MDR1(+/+) 50% MDR1(+/-) | 25 % MDR1(+/+) 50% MDR1(+/-) 25 % MDR1(-/-) | 50 % MDR1(+/-) 50% MDR1(-/-) |
MDR1(-/-) | 100 % MDR1(+/-) | 50 % MDR1(+/-) 50% MDR1(-/-) | 100 % MDR1(-/-) |
Quelle: Wikipedia
Verteilung innerhalb der Rassen:
Rasse | Allel (%) MDR1 (-) |
Collie, Kurzhaar | 68 |
Collie, Langhaar | 55-57 |
Longhaired Whippet | 42-65 |
Australian Shepherd, Miniature | 20-50 |
Shetland Shepdog | 7-35 |
Silken Windhound | 18-30 |
Australian Shepherd | 17-46 |
McNab | 17-30 |
Wäller | 17-19 |
Weißer Schäferhund | 14 |
Old English Sheepdog | 1-11 |
English Shepherd | 7-15 |
Deutscher Schäferhund | 6-10 |
Border Collie | 1-2 |
Hütehund Mischling | 6-7 |
Mischling (unspezifizert) | 2-7 |
Quelle: Uni-Giessen
Im Rahmen des Zuchtprogrammes des VDHs mit dem Ziel, konkrete Daten über die tatsächliche Verteilung in der Collie Langhaar-Population in Deutschland zu gewinnen, muß der Status jedes zur Zucht zugelassenen Hundes erfaßt worden sein.
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